23. Der Tod kam auf zwei Beinen...
Monate waren vergangen seit der Krise die Dina und ich in unserer Ehe hatten. Doch alles war nun wieder wie es vorher war. Wir liebten uns und hatten uns ausgesprochen. Vor drei Wochen erfuhr ich dass ich Vater werde. Dina war schwanger und ein neues Leben wuchs in ihr. Die Frucht unserer Liebe. Alles war wie es sein sollte. Wir waren eine glückliche Familie, mehr wollte ich auch nie….. Als ich ins Revier kam, hatte ich schon einen neuen Fall auf meinem Tisch liegen. Ich setzte mich hinter den Schreibtisch, nahm die Akte und legte die Füße hoch. Erst musste ich mir ansehen was wir eigentlich schon hatten. Zeugenaussagen falls schon welche vorhanden waren. Natürlich würde ich alle Zeugen noch einmal befragen und mir auch den Tatort ansehen. Meistens übersehen die Streifenpolizisten dann doch einige wichtige Details. Ein Pferderipper? War das deren ernst? Das hatte doch nichts mit meiner Abteilung zu tun. Doch als ich weiter las entnahm ich das es nicht um das Pferd ging, sondern um die Besitzerin die neben ihrem aufgeschlitzten Pferd tot aufgefunden wurde. Ebenso schrecklich zugerichtet wie ihr Pferd. Von Kehle bis zum Unterleib aufgeschlitzt. Die Tatortfotos sahen grauenhaft aus. Als ich jedoch den Tatort heraus las, wurde mir ganz anders. Es waren nur wenige Kilometer von Dinas Gestüt entfernt. Laut einiger Zeugen im Umkreis der anderen Pferdehöfe, war dies nicht das erste Pferd das dem Pferderipper zum Opfer fiel. Nur dieses mal war eben ein Mensch mit involviert. Wie es aussah arbeitete er sich von Süden nach Norden vor. Ich stand auf, pinte auf der Landkarte die Tatorte mit Pinnadeln. Der nächste Stall wäre der unsrige. Ich schluckte. Erstens wegen unserer Pferde und zweitens wegen Dina. Sie war mit Hope alleine auf dem Gestüt. Erst gegen 13 Uhr würden die Stallburschen aus ihrer Mittagspause zurück oder die ersten Reitschüler, Dina gab ab und an Unterricht, kommen. Sofort schnappte ich meine Schlüssel. Nicht das ich überängstlich gewesen wäre, nein im Gegenteil. Das Opfer dieses Falles wurde am Vortag gegen 14 Uhr aufgefunden. Laut vorläufigen Gerichtsmedizinischen Befund, war sie am gegen Mittag getötet worden. Mittags, wo kaum jemand in den Ställen war da zu dieser Zeit eben Ruhezeit war. Als ich am Stall ankam, vernahm ich erst nur die Geräusche der Pferde. Ihr schnauben, kauen vom Heu. Es war etwa 12:30 Uhr. Ich sah im Büro nach, auf der Koppel und den Ställen. Doch Dina war nirgends zu finden. Das konnte doch nicht sein. »Dina!«, rief ich schließlich so laut ich konnte. Irgendwo musste sie ja stecken. Ich gebe zu, mein Herz war mir fast in die Hose gerutscht. Ich dachte schon der Typ hätte zu geschlagen und ich würde sie und Hope tot irgendwo im Heu oder so finden. Diese Bilder hatten sich schon in meinem Kopf breit gemacht doch dann hörte ich ihre Stimme und drehte mich in dessen Richtung. Ohne ein Wort ging ich auf sie zu und zog sie erstmal in meine Arme, hielt sie einfach nur fest. So standen wir einige Minuten da bis sie mich etwas von sich weg drückte, mich fragend ansah. Ich erzählte ihr von dem Fall und was sich auf all den Höfen zugetragen hatte. Eben auch auf den letzten der nur wenige Kilometer von ihrem entfernt lag. »War heute irgend jemand da, ein Fremder der hier rum schlich? Und, wem gehört der Wagen der neben deinem steht. Den habe ich hier noch nie gesehen« Ich kannte bereits alle Autos die zu den Leuten hier gehörten. Hatte sie mir eingeprägt samt Nummernschilder. Doch dieses Auto war mir fremd. »Schatz, das ist der Leihwagen meines Onkels. Du weißt schon, der aus Italien. Ich sagte dir doch das er heute ankommt. Hast du das vergessen?« Ich seufzte erleichtert und schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht...ich...ach ist ja egal.« Dina nahm meine Hand und führte mich ins Reiterstübchen wo ihr Onkel Antonio am Tisch saß und mit Bierdeckel Häuschen baute und so Hope beschäftigte. Ein Mann in den 60ern. Graues Haar und hager. Ihr Onkel sah hoch. Nickte mir grüßend zu. Jetzt waren wir schon so lange verheiratet doch heute traf ich deinen Onkel zum ersten mal. Er war lange Jahre...verhindert. Saß im Gefängnis. DIna sprach nie über die Seite der Familie, ebensowenig ihr Vater. Antonio gehörte zur Mafia, war der Anwalt der Russo Familie. Aufgrund der Geschäfte die die Familie machte und die Rolle die Antonio spielte, verlor er seine Zulassung als Anwalt und musste einige Jahre hinter schwedischen Gardinen verbringen. Sein Blick schweifte von meinen Augen bis zu meinen Schuhen. Musterte mich aufmerksam. Natürlich fiel sein Augenmerk auf meine Waffe die ich im Halfter unter der offenen Lederjacke trug und weiter zu meiner Dienstmarke an meinem Gürtel. Auf seiner Stirn bildeten sich kleine Runzeln. Dann sah er in mein Gesicht. Musterte diese nachdenklich. Anscheinend hatte Dina ihm noch nichts von mir erzählt oder zumindest nicht was ich beruflich machte. Mein Blick war kalt, so wie ich gegenüber jedem den ich nicht kannte. Wir setzen uns an den Tisch, gegenüber von Antonio und schon ging die Ausfragerei los. »Erzählt doch mal, wie habt ihr euch kennengelernt?«, war seine erste Frage. Wie wir uns kennen lernten? Nun das war ein etwas heikles Thema und nicht wirklich Gesellschaftsfähig. Ich konnte ja schlecht sagen das ich sie über ein Internetportal unter einem Post, der ein Test zum Thema wie gut man als Liebhaber sei, kennenlernte weil ich da mit dem Satz... >Davon muss ich mich erst überzeugen<, kommentierte. Und auch wirklich zu ihr nach Hause fuhr und ohne sie zu kennen vögelte. Nun, soviel dazu das ich nicht Lüge. Nun musste ich wohl doch lügen und zwar das sich die Balken bogen... »Nun, ich hatte mir in einem Cafè einen Großen Schwarzen geholt. Nachdem ich bezahlt hatte und mich umdrehte, bin ich, so zu sagen, in Dina rein gestolpert. Hatte sie mit Kaffee bekleckert. War keine tolle Leistung, ich weiß aber dank dieses Missgeschickes lernte ich ihre Nichte kennen. Und ich muss sagen, ich bereue es nicht sie voll gekleckert zu haben, das war mein Glückstag.«, beantwortete ich die Frage ohne rot zu werden oder ungläubig zu klingen. Tja, nur weil ich Wahrheitsliebend war und eigentlich niemals log, bedeutete es nicht das ich es nicht kann. Wir unterhielten uns eine Weile bis Hope ungeduldig wurde. »Mami...wann darf ich denn endlich reiten? Du hast es mir doch versprochen«, unterbrach sie die Unterhaltung. Dina lächelte, »Ich habe es nicht vergessen mein Schatz.« Mit diesen Worten erhob sie sich und verließ mit Hope das Reiterstübchen. Ich unterhielt mich noch ein bisschen mit Antonio, bis er dann schließlich meinte das wir zu den beiden raus gehen sollten. Er würde Hope gerne reiten sehen. Am Trainingsplatz angekommen, stellten wir uns an die Bande und sahen Dina und Hope zu. Wir hatten extra ein Pony für sie gekauft. Und nun saß sie im Sattel, an der Longe. Dina gab Anweisungen was sie zu tun hätte. Wehklagendes Wiehern und Stampfgeräusche von Hufen, rissen mich aus meinen Gedanken. Dina, Hope und Antonio konnten dies nicht vernehmen. Der Trainingsplatz lag zu weit vom Stall entfernt, doch ich hörte es. Ich stieß mich von der Bande ab und eilte zu den Stallungen. Folgte dem Wiehern und quietschen. Jack trat wild gegen die Boxentür als wolle er mir etwas sagen und Bailey...er war es der wieherte und quietschte. Seine Boxentür stand offen und er lag am Boden. Überall Blut, sein Blut. »Oh nein...mein Junge.« Entsetzt kniete ich mich vor ihm auf den Boden. Streichelte seinen Kopf den er immer wieder versuchte zu heben. Wieder quietschte er. Er hatte Schmerzen, furchtbare Schmerzen. Ich sah es in seinen Augen die weit aufgerissen waren, mich ängstlich anstarrten. Er war hier, dieser Kerl war hier. Und während ich seelenruhig Hope und Dina zu sah, verstümmelte er Bailey grausam. Sein Bauch war von den Vorderbeinen bis zu seinen Hinterbeinen aufgeschlitzt. Seine Gedärme hingen heraus, lagen zwischen mir und ihm im Stroh. Ich konnte ihm nicht helfen, keiner konnte dies noch. Die Verletzung war zu schwer, das wusste ich. Ich würde ihn verlieren, durch meine eigene Schuld. Meine Hände, sie zitterten, waren besudelt von seinem Blut. »Gleich ist es vorbei mein Junge.«, flüsterte ich an seinem Ohr, streichelte ihn mit der einen Hand während die andere in seine Bauchhöhle glitt. Sein Herz fest umfasste und zusammen drückte. Sein Tod trat nun schnell ein. Seine Qual hatte endlich ein Ende. Ein letzter Atemzug seinerseits, dann entwich die Luft aus seinen Nüstern. Er war tot. Ich konnte mich nicht rühren, kniete vor ihm. Immer noch über ihn gebeugt, meine Hand an seinen Nüstern, streichelte ihn. Meine Wange an seiner Wange. Tränen liefen über mein Gesicht, benetzten sein Fell. Es war still im Stall geworden. Jack, der seine Box gegenüber hatte, ich spürte seinen Blick auf mir. Hörte seinen Atem, seinen Herzschlag der langsamer geworden war. Er trauerte um seinen Freund, so wie ich nun trauerte....
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