15. Hope....
Die Reise war für Dina mühsam. Der lange Flug und diese unbequemen Sitze. Eigentlich wäre ich sofort nach Ankunft in Edinburgh zum Gestüt gefahren. Alle fünf Jahre inspizierte ich dieses. Der Verwalter, er war von meiner Zunft, legte mir die Bücher offen sodass ich alles genau nachlesen konnte. Schließlich hatte er eine Vollmacht für das Konto das ich für mein Gestüt eingerichtet hatte. Doch da es Dina nicht so gut ging, sie müde, völlig geschlaucht warst, fuhren wir erst einmal zu Dandelion. Der natürlich nicht da war. Das hatte ich ganz vergessen. Gut das ich wusste wo er seinen Ersatzschlüssel für sein Anwesen platziert hatte. Und den Alarmcode hatte ich auch. Also lud ich mich selbst in sein Haus ein, was ihm nicht stören würde. Kaum hatte Dina das Bett im Gästezimmer gesehen, ließt sie dich darauf sinken und schliefst auch prompt ein. Nun...dann fahren wir eben erst am nächsten Tag zum Gestüt. Ein Tag mehr oder weniger machte auch nichts aus...
Gegen 10 Uhr des folgenden Tages, kamen wir am Gestüt an. Es war nur eine knappe Stunde von Onkel Dan`s Anwesen entfernt. Dina sah sich sofort begeistert um. Alles war im alten Stil gehalten worden. Zwar modern ausgestattet, aber alt vom Aussehen. Die Gemäuer waren aus Stein, so wie es damals, vor Hunderten von Jahren eben üblich war. Sobald man das Gestüt betrat, hatte man das Gefühl Jahrhunderte von Jahren in die Zeit zurück geworfen worden zu sein. Während ich die Bücher prüfte, erkundete Dina das Gelände, die Weiden und Ställe.... Ich war gerade in der Buchhaltung vertieft, als einer der Stalljungen völlig hysterisch ins Büro gelaufen kam.... »Mister Sinclair...schnell Ihre Frau....es ist was passiert!«, rief er aufgewühlt. Fuchtelte mit den Händen wie verrückt, holte nicht mal richtig Luft. Ich sprang auf, rannte aus dem Gebäude und rüber zu den Ställen, bei denen ich schon von weitem den Tumult vernahm. Als ich die Stallgasse betrat bot sich mir ein schrecklicher Anblick. Dina lag bewusstlos am Boden, neben ihr der Verwalter. Er telefonierte, rief gerade den Rettungswagen. »Was ist passiert?«, fragte ich entsetzt während ich mich neben ihr auf den Boden kniete. »Einer der Hengste...er hat sich los gerissen und....und...es tut mir so leid Sir. Das...das wollte ich nicht«, antwortete eine junger Mann. Wobei, Mann etwas übertrieben war. Ein Bursche, vielleicht 17 Jahre alt. Seine Augen waren glasig, der Schock saß noch tief in seinen Knochen. Er machte sich Vorwürfe....genau wie ich auch. Ich hätte Dina nicht mitnehmen sollen. Das war so dumm von mir....
Nervös, voller Angst und Sorge um Dina und die Kleinen, marschierte ich vor der Tür des Operationssaals auf und ab. Als die Tür aufging sah ich hoch... »Wie geht es ihr...und den Babys?« Der Arzt schüttelte den Kopf.... »Ihre Frau...die Wehen hatten eingesetzt. Wir mussten die Kleinen per Notkeiserschnitt zur Welt holen. Ihrer Frau geht es den Umständen entsprechend gut. Sie schläft noch und es wird noch dauern bis sie aufwacht. Ihrer kleine Tochter, ihr geht es nicht sehr gut. Ich kann Ihnen nicht sagen ob sie es schafft. Ihre Frau war in der 27ten Schwangerschaftswoche. Da ist es immer etwas kritisch. Und der Unfall hat es nicht gerade einfacher gemacht. Die Kleine, sie atmet nicht selbstständig. Wir mussten sie an die Beatmung legen.«, er schluckte und sah mich mitfühlend an. Nein...nein...da stimmt was nicht. Es sind doch zwei Babys..... »Es tut mir leid Mister Sinclair, ...«, fuhr er schließlich fort. Ich wich zurück, ahnte schon was er noch zu sagen hatte. Ich wollte es nicht hören.... »....aber ihr Sohn hat es nicht geschafft. Er wurde tot geboren.« Seine Worte, ich vernahm sie wie durch Watte. Bis jetzt wussten wir das Geschlecht unserer Babys nicht. Wir wollten uns überraschen lassen.... Ich konnte es einfach nicht fassen. Unser Glück...es schien alles perfekt. Und nun...nur ein kurzer Augenblick und es wurde zerstört...ein kleines Leben ausgelöscht. Meine Augen füllten sich mit Tränen, rutschte an der Wand entlang zu Boden und senkte den Kopf. Weinte...wie noch nie in meinem Leben. Wie sollte ich Dina beibringen das eines unserer Kinder nun ein Engel ist? Ich konnte es ja selbst kaum fassen....hoffte das es nur ein schrecklicher Traum wäre...ich aufwachen würde...neben ihm im Bett liegend und alles gut wäre....
Drei Wochen waren nun vergangen. Wir waren wieder zu Hause in den USA. Fünf Tage musste Dina im Krankenhaus bleiben. Danach wurde sie entlassen. Ich buchte einen Flug und unsere Tochter wurde ebenfalls zurück nach Virginia geflogen. Ein Arzt hatte sie begleitet da sie immer noch an der Beatmungsmaschine hing. Dina ging es sehr schlecht, sie weinte nur noch. Nachdem wir Conlan, unseren Sohn beerdigt hatten....Kinder sollten nicht vor den Eltern gehen müssen...wurde es noch schlimmer. Sie aß kaum noch, sprach nicht, saß Tag und Nacht neben dem Brutkasten, so hieß das Teil in dem unsere Tochter lag. Das Krankenhaus in das ich die Kleine habe überführen lassen war auf Frühgeburten spezialisiert. Ich wollte die beste Pflege für sie.... Heute, nach drei Wochen, durfte sie dann endlich nach Hause. Unsere Tochter, sie hatte es, trotz schlechter Prognose geschafft. Hope...wir nannten sie Hope...Hoffnung. Denn das war das einzige was uns geblieben war...Hoffnung das wenigstens unsere kleine Tochter es schafft.
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