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06. Underground....

Nachdem ich das Krankenzimmer, in dem Harper lag, verlassen hatte, hielten mich gleich mal zwei ihrer Kollegen auf. Die Frau sie war ja noch zu ertragen. Aber dieser arrogante Schnösel. Ich kochte vor Wut, als diese möchegern Helden so herablassend mit mir sprachen. Doch anmerken lies ich mir nichts. Ich blieb ruhig, gelassen obgleich ein Vulkan in mir brodelte. Irgendwann wurde es mir dann doch zu blöd. Sie hatten nichts gegen mich in der Hand, gab ja auch nichts. Also machte ich dicht, beantwortete keine Fragen mehr und mierte an ihnen vorbei ...raus aus dem Krankenhaus in dem es zu sehr nach Blut und Tod roch. Seit fünf Tagen war ich nun schon in L.A. Und alles was ich bis jetzt heraus gefunden hatte war mehr als dürftig. Ich hatte die Casinos abgeklappert, alle möglichen angesagten Clubs. Diese Institutionen gehörten meist solchen dunklen Gestalten. Doch weiter brachte mich das nicht. Die oberen Zehntausend, brachten mir keine neuen Hinweise zum Aufenthalt von diesem Russen. So geschickt ich auch meine Fragen stellte, versteckt und durch die Blume...es hatte keinen Sinn. Niemand redete...wobei ich ihnen ansah, dass sie etwas wussten. Und meine Gabe half mir hier auch nicht weiter. Ihre Gedanken waren so wirr das man sie einfach nicht sortieren konnte. Im Gegenteil, das einzige das ich erfahren durfte waren ihre zärtlichen Streicheleinheiten die ihre Fäuste austeilten, sobald ich die Lokalitäten verließ. War mir dann jedoch auch recht. Eine ordentliche Schlägerei, dagegen hatte ich nichts ein zu wenden. Mal Dampf ablassen und zwar an den Individuen die es ehrlich gesagt mehr als verdient hatten. Ich wusste, ich musste in die unterste Schicht der Gesellschaft vordringen. Die Gesellschaft die keiner haben wollte...die verachtet wurde. Obdachlose...die wussten oft mehr als man ahnte. Sie waren es die sich vor den Clubs und Casinos rum trieben. Hoffend auf ein wenig Kleingeld oder jemanden dem vielleicht mal ein Geldschein aus der Hosentasche fällt, nur um sich damit im nächsten Laden eine billige Flasche Fusel zu besorgen. Ich war gerade dabei mich für mein Vorhaben, in dem Hotel in dem ich abgestiegen war, für mein Vorhaben fertig zu machen. Bearbeitete meine Hose und Hemd mit Alkohol, als es an der Tür klopfte. Sofort lies ich alles fallen, ging an die Tür und öffnete diese. Doch als ich raus sah, war da niemand mehr. »Verdammt...«, murmelte ich, wollte eben die Tür wieder schließen als mir etwas auf dem Boden auf fiel. Ein großer brauner Umschlag...ich hob ihn auf, schloss die Tür und öffnete ihn. Eine Akte war darin enthalten. Mit dieser in der Hand ließ ich mich auf die Bettkante nieder, öffnete sie und fing an zu lesen. Eine FBI Akte. Wer hatte mir die nur zugespielt? Ich nahm mein Handy und wählte Castiels Nummer, öffnete dabei die Akte und fing an zu lesen. »Borsi Koslow, Wohnahaft unbekannt, Aussehen unbekannt...«, las ich mich selbst vor. Na toll, das brachte mir jetzt etwas. Kein Bild - nichts. Aus dem Schriftstück entnahm ich, dass Boris Koslow anscheinend nicht sein richtiger Name war. Hmmm...ein Alias Typ. Diese zu finden war nicht einfach. Es könnte jeder sein. Jeder Russe aus den oberen zehntausend, der in L.A rumlief, könnte dahinter stecken. Seufzend fuhr ich mir übers Gesicht und legte die Akte beiseite. »Cas....ich bins Luc....«, meldete ich mich als mein Gesprächspartner den Anruf annahm. »Verdammt...Luc weißt du wie spät es ist? Es ist Mitternacht.«, murrte Cas verschlafen. Ich zog die Augenbraue hoch, »Na und? Hast du vielleicht vor, dich in einen Kürbis zu verwandeln und kannst deshalb nicht mit mir reden?«, antwortete ich Kopfschüttelnd. Der leichte Anflug von trockenen Sarkasmus war kaum zu überhören. »Haha, Scherzkeks. Was ist so wichtig das es nicht bis morgen Früh warten kann?« Cas klang nicht so als wäre er zum Scherzen aufgelegt. »Jemand hat mir die FBI Akte von Koslow vor die Tür gelegt. Hast du mir die zukommen lassen?« »Wenn du mal an dein Scheiß Handy gehen würdest, wüsstest du es. Ja ich hab sie dir besorgt. Dachte es könnte dir weiter helfen. Und deshalb rufst du mich um diese gottlose Zeit an«, schnaubte Cas und gähnte dann laut ins Handy. »Gottlose Zeit? Bist du jetzt unter die Gläubigen gegangen oder was? Ach...vergiss es. Danke für die Akte...ich melde mich wieder.« Und schon legte ich auf. Ich wusste das Cas mir eine Predigt halten würde, bliebe ich in der Leitung. Ich legte mein Handy neben mich, stand auf und zog die präparierte Kleidung an. Rieb ein klein wenig Öl zwischen meinen Handflächen und fuhr mir damit durchs Haar. Als ich ein ungepflegtes Erscheinungsbild abgab, griff ich nach meine Brieftasche und dem Handy, steckte es in die Innentasche meines zerlumpten Ledermantels und verließ das Hotelzimmer. Die Menschen die an mir vorbei gingen rümpften die Nase, ihr Blick haftete verächtlich an mir. Einige wechselten sofort die Straßenseite. Nun...ich roch ja auch wie eine Whiskybrauerei, war schmutzig, sah eben aus wie einer der Straßenratten von L.A. An der nächsten Ecke, bog ich in eine dunkle Gasse ein und folgte einen Obdachlosen, den ich eben erspäht hatte. Ein leises Knirschen unter den Sohlen meiner Stiefel, ließ den Mann jedoch aufschrecken. Er fuhr herum, seine Augen fuhren nervös hin und her. Schnell, sodass das menschliche Auge dies nicht erfassen konnte, verschanzte ich mich in der Nische eines Türrahmens. Als der Obdachlose dann doch endlich seinen Weg fortsetzte, nahm ich die Verfolgung wieder auf. Diese verlorene Seele führte mich unter die Vincent Thomas Bridge. Eine zwei Kilometer lange Hängebrücke die über den Hafen von L.A führte. Quer durch das Hafengebiet führte uns der weite Weg bis ich endlich im abgelegenen Teil des Hafens stehen blieb. Hier versammelten sich die Heimatlosen der Stadt. Alte Eisentonnen standen verstreut, wenige Metern von einander entfernt, herum. Feuer loderte darin während Pennbrüder darum herum standen und sich die Finger wärmten. Ich zog einen Beutel aus meinem Mantel hervor. Eine braune Tüte, in der eine Flasche billiger Fusel steckte. Öffnete sie und nahm einen Schluck des Gesöffes, der wohlgemerkt nicht meinem Gaumen entsprach, während ich mich unter die Landstreicher mischte. Natürlich zog ich sofort die Aufmerksamkeit auf mich. Nicht weil ich unter ihnen ein Fremder war, ein neues verdrecktes Gesicht das sich hier blicken ließ. Nein...wegen des Whiskys in meiner Hand. Am Rande fiel mir ein alter Mann auf. Er saß abseits auf einem ausgebreiteten Karton und blieb für sich. Als ich auf ihn zu ging und mich neben ihm setzte, sah dieser kurz auf. Seine Augen waren matt, Hoffnungslosigkeit spiegelte sich darin. Seine Gesichtszüge ließen erkennen das er schon vieles erlebt haben muss, vieles gesehen hatte. Ich schätzte ihn auf ende sechzig, was natürlich nicht stimmen musste. Denn wenn man mal so tief gesunken ist, die Haare strähnig über die Schultern hingen, der Bart wie ein Vogelnest im Gesicht hing und die Haut fahl und gezeichnet vom harten Leben auf der Straße war, war es schwer jemandes Alter zu schätzen. Ich hielt ihm die Flasche hin und nickte. Auf den Mundwinkeln des alten Mannes schien sich so etwas wie ein leichtes Lächeln zu formen. Anscheinend etwas das er lange nicht mehr getan hatte. Dankend nahm er den Fusel und trank einen ordentlichen Schluck.... »Hölle...schmeckt der gut. Hattes wohl einen guten Lauf was?«, brummte er und nahm einen weiteren Schluck. Gut? Das Gesöff war grauenhaft, zumindest für meinen erlesenen Gaumen. »Ja, geht so. Ich hatte einfach nur Glück heute. War auch mal Zeit. Ich war vorm Golden Dragon Casino. Einem der Geldsäcke ist ein Hunni aus der Tasche gefallen.«, entgegnete er und musterte ihn dabei aufmerksam. »Ein Hunni? Was gäbe ich für einen Hunni. Einmal wieder in einem Bett schlafen, was ordentliches in meinen alten Magen zu bekommen. Oh ja Junge, das wäre der Himmel auf Erden.« Sein Blick schweifte gegen den Sternenhimmel und er seufzte. »Ich bin so oft vor den Casinos, aber das Glück das du heute hattest, das hatte ich noch nie.« Er wollte keinen Alkohol oder gar den nächsten Schuss...nein er wollte einmal wieder in einem Bett schlafen und ordentlich essen. Sein Verhalten, seine Worte, berührten tief in mir etwas das ich schon lange glaubte verloren zu haben. Ich empfand...Mitgefühl....

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© Lucan Sinclair

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